Epilepsie wird im Deutschen auch als „Krampfleiden“ oder „Fallsucht“ bezeichnet. Erkrankte Menschen leiden unter plötzlich auftretenden Krampfanfällen, die in Häufigkeit und Intensität in unterschiedlichster Weise auftreten. Kurze Absencen ohne Sturz sind ebenso möglich wie große Anfälle (Grand mal) mit Bewusstseinsverlust, Sturz und heftiger Verkrampfung, die gegebenenfalls dringend ärztliche Hilfe erfordern.
Da Hunde in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit uns Menschen weit überlegen sind, ist es ihnen nicht selten möglich, nahende Anfälle bereits im Vorfeld wahrzunehmen. Ihr ausgeprägter Geruchssinn ermöglicht es ihnen, Veränderungen im Stoffwechsel des Menschen zu erkennen, auch solche, die bereits vor einem Anfall stattfinden. Über diese olfaktorischen Fähigkeiten hinaus sind sie hervorragende Beobachter und in der Lage, auch minimale Verhaltensänderungen, beispielsweise einen veränderten Muskeltonus festzustellen.
Hunde, die eine enge Bindung an ihre Menschen haben, entwickeln oft Verhaltensweisen, die die drohende Gefahr signalisieren. Besitzt der Mensch die nötige Beobachtungsfähigkeit, Sensibilität und Vertrauen zu seinem Hund, kann er sich durch den „Warnhinweis“ evtl. in eine sichere Position begeben und so vielleicht einen Sturz verhindern. Menschen, die eine an Epilepsie erkrankte Person pflegen, können vom Hund auf dessen Anfallsgeschehen aufmerksam gemacht werden und rechtzeitig agieren.
In der Ausbildung von Epilepsiehunden machen wir uns nicht nur die geschilderten Fähigkeiten zunutze und lenken sie in die richtigen Bahnen sondern trainieren zusätzliche Fertigkeiten, die weitere Hilfen für den erkrankten Menschen darstellen. Epilepsiehunde können folgende Aufgaben haben:
Ebenso unterschiedlich wie die Form der Krankheit und die Lebenssituationen an Epilepsie erkrankter Menschen sind auch die Anforderungen an den Epilepsiehund. Nicht jeder Hund muss das volle Spekrtum des Erlernbaren beherrschen. Manchmal reichen kleine Hilfeleistungen um den Alltag des Kranken bzw. der Familie zu entlasten. So kann es z.B. schon ausreichen, dass der Hund die Eltern eines kranken Kindes im Falle des Anfalls alarmiert.
Für jedes Team ist eine maßgeschneiderte Ausbildung erforderlich, in der die Bedürfnisse des Hundeführers, sein Umfeld und seine Lebenssituation ebenso analysiert und berücksichtigt werden müssen, wie die psychische und physische Konstitution des Hundes. Es gibt Erkrankungen, bei denen sich die Art der Anfälle häufig verändert, beispielsweise beim Dravet-Syndrom (s. www.epidogsforkids.ch). Hier ist es erforderlich, die Teams sehr engmaschig zu betreuen und das Training ständig den neuen Erfordernissen anzupassen.
Wünschenswert und bewährt ist die Eingliederung des zukünftigen Epilepsiehundes bereits im Welpenalter in sein neues soziales Umfeld. Eine enge, vertrauensvolle Bindung zwischen Mensch und Hund ist gerade für diese Form der Hilfeleistung von besonderer Bedeutung. Zum einen muss der Epilepsiehund seinen Menschen in all seinen Verhaltensweisen wirklich gut kennen und die nötige Sensibilität besitzen, minimale Veränderungen schnell wahrzunehmen, zum anderen muss der Mensch seinem Hund soviel Vertrauen entgegen bringen, dass er seine Warnsignale auch annimmt, wenn er selbst noch nichts vom nahenden Anfall merkt. Durch die intensive Arbeit des erkrankten Menschen oder seiner Betreuer mit dem Hund entstehen Bindung, Vertrauen und gegenseitige Achtung. Wir sehen unsere Aufgabe nicht darin, “Fertigprodukte” zu liefern, die auf Knopfdruck funktionieren! Wir begleiten Sie aber gerne auf Ihrem ganz individuellen Weg zum Mensch-Hund-Team.
Der Mensch muss viel lernen, damit aus ihm und seinem Hund ein Team wird. Er muss sich ausgiebig mit dem Ausdrucksverhalten und der sozialen Kommunikation des Hundes beschäftigen, seine Bedürfnisse kennen um sie im Alltag berücksichtigen und so Ausgleich für die anspruchsvolle Arbeit des Tieres schaffen zu können. Er gewinnt jedoch einen unersetzlichen Partner, der nicht nur warnend und helfend agiert sondern sein Leben auf vielfältige Weise positive verändern wird.